Das Bild ist unvergessen. Wenn der legendäre Sepp Voegeli seinen Kopf aus dem Schiebedach eines Volvo 264 streckte und so seine Tour de Suisse überwachte, dann war die Welt in Ordnung. Denn er rettete die Tour de Suisse 1966 vor dem Untergang und baute sie bis 1991 zur weltweiten Nummer drei hinter der Tour de France und dem Giro d’Italia auf. Siegten anfangs sogenannte Helfer oder Wasserträger wie der Italiener Ambrogio Portalupi, folgten später Weltstars wie Eddy Merckx, Giuseppe Saronni, Phil Anderson, Sean Kelly und Andrew Hampsten dem Ruf Sepp Voegelis und trugen den Namen der Tour de Suisse in die weite Welt hinaus. Doch der tüchtige ehemalige Verkaufsleiter der Salmenbrauerei (ab 1973 Cardinal) wusste genau, dass die Tour de Suisse vor allem von Schweizer Siegen lebte. So baute er die «einheimischen Gewächse» Louis Pfenninger, Beat Breu und Urs Freuler, um nur einige zu nennen, gezielt auf und sorgte auch für die entsprechenden Streckenpläne. Was ihn hingegen störte, waren lange Haare bei den Rennfahrern. So soll er in den 1980er-Jahren den Holländer Henk Lubberding resolut gebeten haben, endlich die lange Haarpracht zu stutzen. Schlussendlich liebte er aber die Radsportler und legte den Teppich für goldene Velojahre.
Doch Sepp Voegeli war ein Multitalent. So war er von 1980 bis 1990 auch Direktor des Zürcher Hallenstadions und der offenen Rennbahn Zürich-Oerlikon. Er organisierte die erfolgreichsten Jahre des Zürcher Sechstagerennens mit oft ausverkaufter Halle. Natürlich nützte ihm die damals noch rigoros kontrollierte Polizeistunde. Sprich, die Beizen hatten um 24 Uhr zu schliessen – ausser eben die Restaurants im Hallenstadion während des Sechstagerennens, das jeweils Anfang Dezember stattfand.
ZSC-Jahre mit Hoffen und Bangen
In den 1980er-Jahren war der ZSC noch ein klassischer Liftclub, dem sogar der Fall in die Amateurliga drohte. Im damaligen sportlichen Halbdunkel wurden selbst Siege gegen Dübendorf oder Olten wie Meilensteine in der Sportgeschichte gefeiert, wie Thomas Renggli auf www.zsc.ch treffend schreibt. So standen der ZSC und das Hallenstadion auch immer für den schmalen Grat zwischen überschwänglichen Glücksgefühlen und abgrundtiefen Enttäuschungen. Diffuser als die Leistungen im Rink war oft nur die Sicht im rauchgeschwängerten Oval. Mehr als einmal griff Sepp Voegeli ins eigene Portemonnaie, um den ZSC zu unterstützen.
Auf Anfrage sagt Sepp Voegelis Sohn André, die spätere Fusion mit der Eishockesektion des Grasshopper Club hätte seinem Vater sicher gefallen. «Wegen der sportlichen Erfolge, aber sicher auch wegen Walter Frey, der durchaus auf politischer Linie mit Voegeli lag», so der heute 70-jährige Sohn. André arbeitete 1984 und 1985 im Jelmoli in Oerlikon, bevor er zu einer bemerkenswerten beruflichen Karriere ansetze. Schlussendlich war er Direktor der Gaba AG, welche bis zur Übernahme durch die Colgate-Gruppe die legendäre Elmex-Zahnpasta produzierte. «Eine klassische Schweizer Marke wie etwa Zweifel Chips», sagt André Voegeli, der heute im Baselbiet wohnt und auch den entsprechenden Dialekt hat. Er denke noch oft an seinen Vater, vor allem, wenn er an Radrennen gehe. Die Flandern-Rundfahrt sowie Paris–Roubaix lässt er sich nie entgehen. Doch wie schon sein Vater weiss er, dass es ohne einheimische Stars schwierig sei für den Radsport. «Küng, Hirschi, Mäder – es kommt gut!», ist er überzeugt. Seine beiden Söhne sind oft auch dabei an Radrennen, aber «nur» noch als Fans. «Sie fuhren meist unter ‹ferner liefen›, doch eines galt immer: fertig fahren», berichtet André Voegeli, wohl ganz im Sinne seines Vaters Sepp.
Würde Sepp Voegeli noch leben, könnte er heuer seinen 100. Geburtstag feiern. Doch der legendäre, schweizweit bekannte Sportmanager starb am 11. Mai 1992, kurz vor seinem 70. Geburtstag. Erst kurz vorher hatte man beim gebürtigen Aargauer Lungenkrebs diagnostiziert. Eine Notoperation in der damaligen Amiklinik überlebte Sepp Voegeli nicht. Begraben ist er auf dem Friedhof in Rheinfelden, wo seine grosse Karriere als Sportfunktionär begann.