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Stadt Zürich
09.09.2021
01.09.2022 13:31 Uhr

Kein Platz für den Pausenplatz

Bild: Platzmangel! Wenn wie hier vor dem Ligusterschulhaus in Zürich-Oerlikon Schulcontainer auf den Pausenplatz gestellt werden, fehlt der Raum zum Spielen, Austoben und Sicherholen. (Bild Lorenz Steinmann)
An den Stadtzürcher Schulen ist der Pausenplatz eng. Die Vorgaben des Kantons für ausreichende Aussenanlagen werden wegen immer mehr Schulbaracken auf Pausenplätzen kaum noch erfüllt. Die Stadt stellt sich auf nicht wissend. Ihr seien diese Kennziffern nicht bekannt.

Der grosse Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Schulen sind nicht die Lehrpersonen, das ausserschulische Programm oder die Kantine. Es ist der Pausenplatz. Die grossen Wiesen, der Fussballplatz und manchmal sogar eine kleine Waldfläche – das alles bieten nur öffentliche Schulen an. Auch in der Stadt Zürich boten die meisten Schulen solche Tummel- und Tollplätze an. Dann kamen die Züri-Modular-Pavillons.

Am Anfang galten die provisorischen Bauten als Blickfang. Mit jedem neuen Schuljahr gab es mehr davon. Mittlerweile befindet sich an fast allen 98 Schulen in der Stadt Zürich mindestens ein Pavillon. Nicht selten sind gleich drei Container aufeinandergetürmt. Höher geht es nicht. Nicht wegen statischen Gründen, sondern wegen zonenplanerischen Grenzen. Die Baracken lindern die Raumnot für den Schulunterricht, sie besetzen aber gleichzeitig die freien Flächen auf dem Pausenplatz. Wo früher die weiten Flächen zum Spielen lockten, verhindern heute die Modular-Pavillons den Spieldrang und die wichtige Bewegungsmöglichkeit.

Zwei Beispiele

Beispiel Schule Milchbuck: 730 Kinder besuchen die Schulanlage im Kreis 6. Wenn es zur Pause läutet, strömen die Kinder auf den asphaltierten Innenhof. Früher gab es noch eine grosszügige Wiese. Heute stehen dort mittlerweile drei grosse provisorische Schulbauten. Es sieht aus wie in einer Flüchtlingsunterkunft. Beispiel Schule Manegg in Wollishofen: Dort gehen 400 Kinder zur Schule. Hier nehmen ihnen ebenfalls einige Pavillons den Platz zum Spielen.

Drei neue Schulanlagen

Diese Entwicklung ist eine Folge der rasanten Bevölkerungsentwicklung. Vor fünf Jahren gingen in der Stadt Zürich knapp 30 500 Kinder in die Schule. Heute sind es 35 100. Untätigkeit darf man der Stadt allerdings nicht vorwerfen. In den letzten sechs Jahren wurden drei komplett neue Schulanlagen (Blumenfeld, Schütze, Pfingstweid) errichtet. Beim Schauenberg kam ein Ersatzneubau hinzu. Der Kanton empfiehlt sämtlichen Schulen zwei grosse Aussenanlagen, einen Allwetterplatz und ein Rasenspielfeld. Diese Anlagen sollen allerdings nicht als Pavillonstandorte benutzt werden, sondern dienen der Bewegung und der gesunden Entwicklung der Schülerinnen und Schüler. Die drei neuen Schulanlagen, die in den sechs Jahren errichtet wurden, erfüllen die kantonalen Empfehlungen. Doch wie sieht das bei den anderen Schulen in der Stadt aus? Gibt es überhaupt noch eine Schule, die zwei grosse Spielflächen vorweisen kann?

Spielplätze statt Rasenfeld

Das Hochbaudepartement unter André Odermatt (SP) flüchtet sich ins Nichtwissen: «Die Aussenanlagen werden nicht gesondert erfasst», heisst es. Deswegen lägen auch keine Informationen vor, wie viele Schulen über genügend Aussenanlagen verfügten, so die Antwort auf Anfrage dieser Zeitung. Dass eine so wichtige Kennziffer fehlt, erstaunt. Das Schul- und Sportdepartement weist darauf hin, dass nicht nur die freie Fläche der Aussenanlagen wichtig sei, sondern auch die Qualität. «Aus diesem Grund wird insbesondere bei der Realisierung von neuen Pavillons auch der Aussenraum geprüft und gegebenenfalls angepasst. Zum Beispiel mit neuen Spielgeräten.» Für die Schülerinnen und Schüler der Mittel- und der Oberstufe ein schwacher Trost. Wer von ihnen geht noch auf die Rutsche?

Maximum in fünf Jahren erreicht

Immerhin, ab Schuljahr 2026/2027 werde mit keinen neuen Pavillons gerechnet, so die Auskunft der Stadt. Allerdings, wenn weiterhin jedes Jahr neue Schulcontainer-Module aufgestellt werden, wird es in fünf Jahren auch nicht mehr so viele freien Flächen geben.

80 Schulpavillons stehen in Zürich

Die Züri-Modular-Pavillons blicken auf eine längere Geschichte zurück. Bereits 1998 entstand das erste Modell. 14 Jahre später kam die zweite Generation mit 10 Prozent mehr Fläche. Zu Beginn des Schuljahres 2021/2022 stehen genau 80 Pavillons auf Stadtzürcher Gebiet. Im Herbst sollen drei weitere Pavillons hinzustossen. Vor fünf Jahren betrug der Bestand lediglich 52 Einheiten. Die Fläche sämtlicher Pavillons betrage etwa 5 Prozent aller Volksschulbauten, wie die Stadt sagt. (bf.)

Beni Frenkel