Tobias Hoffmann
Schon oft trat er vor Mikrofone und Fernsehkameras, in einer Staffel der Dokumentarserie «Notruf» des Senders 3+ war er prominent vertreten. Ruedi Walther stand als Einsatzleiter der Feuerwehr viele Male im Brennpunkt der Öffentlichkeit. 1977 war er als Brandwächter ins Zürcher Berufsfeuerwehrkorps eingetreten und stieg im Laufe der Jahrzehnte bis zum Dienstgruppenkommandanten im Rang eines Oberleutnants auf. Ende August 2020 wurde er pensioniert. Aus Gesprächen mit dem Führungscoach und Autor Markus Marthaler entwickelte sich danach ein Buch, in dem er ausdrücklich nicht nur von seinen «geilsten» Einsätzen erzählen wollte, sondern auch vom gewöhnlichen Berufsalltag, von gesellschaftlichen Veränderungen, von den tiefgreifenden Umstrukturierungen in der Feuerwehr und auch von persönlichen Erlebnissen. Lokalinfo hat ihn für ein Gespräch in seinem Heim in Schwamendingen besucht.
Ruedi Walther, haben sich die Ausbildungsgänge bei der Feuerwehr im Laufe der Zeit geändert? Sie sagen in Ihrem Buch, es sei früher normal gewesen, vorher eine Lehre zu machen.
Ja. Am besten sollte man damals eine Handwerkerlehre haben. Später hat sich das geändert, es sind sogar Leute mit Studium zu uns gekommen, Lehrer zum Beispiel. Oft Feuerwehrfreaks, die ihr Hobby zum Beruf machen und rasch aufsteigen wollten. Sie haben aber gemerkt, dass die Karrierepyramide relativ spitz war. Die einen sind dann auch geblieben, die anderen wieder gegangen.
Was haben Sie für eine Lehre gemacht?
Ich habe Bauzeichner gelernt.
Kein besonders zupackender Beruf ...
Bei den alten Feuerwehrleuten kam das auch nicht so gut an. «Zeichner brauchen wir doch gar nicht!» Und es waren schon zwei Bauzeichner da, als ich kam. Bald haben die Kollegen gemerkt, dass man Zeichner sehr gut gebrauchen kann. Wir fingen an, Strassenkarten zu erstellen. Zürich hatte damals etwa 2400 Strassen (heute sind es um die 2500); wir haben alle erfasst. Wir machten ein «Handkroki» und einen Anfahrtsbeschrieb zu jeder Strasse. Bei jedem Alarm konnte man dann aus einem Kardex-Regal so ein Kroki ziehen und es dem Führer des vordersten Fahrzeugs übergeben. Die Beschriebe waren immer sehr aktuell, sie entstanden in Zusammenarbeit mit der Polizei. Wenn irgendwo eine Baustelle oder sonst ein Hindernis vorhanden war, trugen wir das manuell ein. Nach ein paar Jahren war unsere Dienstleistung nicht mehr wegzudenken. Später wurden die Informationen digitalisiert, aber die alte Kartei führt man meines Wissens immer noch.
Haben Sie einen Eignungstest machen müssen, um in die Feuerwehr aufgenommen zu werden?
Es gab eine kleine Prüfung, wir nannten sie «Tubelitest». Wir mussten einen Aufsatz schreiben – meiner ist im Buch abgedruckt – und einige Rechnungsaufgaben lösen. Die Tests wurden mir bei der Pensionierung ausgehändigt, und ich habe gesehen, dass ich beim Rechnen einen groben Fehler gemacht hatte. Gereicht hat es trotzdem. Ausserdem fand ein manueller Test mit einer Kugelbahn statt. Während des ganzen «Assessments» wurde man vom Feuerwehrinspektor und vom Chef, einem ehemaligen Berufsschullehrer, beobachtet. Der Inspektor machte dauernd Notizen. Auch diese habe ich ausgehändigt bekommen, sie waren sehr interessant ... Heute ist das ganz anders, nur schon der Aufnahmetest dauert einen ganzen Tag. Wer weiterkommt, absolviert einen 24-Stunden-Test in einer Waldhütte, eine Art Überlebensübung unter ständiger Beobachtung. Dabei wird sehr darauf geachtet, wie teamfähig jemand ist.