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Stadt Zürich
15.09.2022
16.09.2022 17:33 Uhr

Millionen für Ersatz und Optimierung fossiler Heizungen

Hauseigentümer können eine Restwertentschädigung ihrer Heizungen beantragen.
Hauseigentümer können eine Restwertentschädigung ihrer Heizungen beantragen. Bild: Selwyn Hoffmann
Das Ersetzen von Öl- und Gasheizungen stellt einen wirkungsvollen Hebel dar, um die CO2-Emissionen zu senken. Die Stadt will es nun durch Fördergelder beschleunigen. Der Hauseigentümerverband hat einige Bedenken.

Tobias Hoffmann

Man könnte sagen, es ist erschreckend: Knapp 70 Prozent aller Heizungen in der Stadt Zürich – über 20 000 Anlagen – werden noch mit Gas oder Öl betrieben. Sie verursachen gut die Hälfte der direkten Treibhausgasemissionen auf dem Stadtgebiet. Nach dem Willen der Stadt sollen möglichst viele davon in den nächsten Jahren verschwinden. Zu diesem Zweck hat sie ein neues Förderprogramm mit dem Namen «Heizungsersatz und Heizungsoptimierung» aufgegleist, das sich an die Hauseigentümer richtet. Seine Pilotphase wird am 1. Oktober beginnen und bis Ende 2024 dauern.

Restwertentschädigung

Zentrale Massnahme ist die sogenannte Restwertentschädigung, die Zürichs Haus­eigentümer beantragen können, wenn sie Gas- und Ölheizungen durch Wärmepumpen oder einen Anschluss an die Fernwärme vorzeitig ersetzen. Zwar sind rund 40 Prozent der fossilen Heizungen jünger als zehn Jahre und zum Teil noch lange nicht amortisiert. Die Stadt führt jedoch Ökobilanzen an, die zeigen, dass sich aus Umweltsicht ein vorzeitiger Ersatz lohnt und die indirekten CO2-Emissionen, die bei der Herstellung, dem Einbau und der Entsorgung von Heizungen anfallen, im Vergleich zu den direkten Emissionen während des Heizbetriebs vernachlässigbar sind.

Je jünger die Heizung, desto ...

Mit der Restwertentschädigung wird der Ersatz der fossil betriebenen Heizungen beschleunigt. Je früher der Heizungsersatz erfolgt, desto höher fällt die Restwertentschädigung aus. Laut Stadtrat ­Andreas Hauri ist der Heizungsersatz unverzichtbar, «um die direkten CO2-Emis­sionen bis 2040 so weit wie möglich zu reduzieren», und stellt einen weiteren Schritt in Richtung netto null dar.

Auch ohne die doch recht einschneidende Massnahme eines Ersatzes gibt es Einsparungsmöglichkeiten sowohl bei fossilen als auch bei erneuerbaren, klimafreundlichen Heizlösungen. Durch die optimale Einstellung können der Öl-, Gas- und Stromverbrauch und damit die Emissionen wie auch die Kosten in der Regel um 10 bis 20 Prozent reduziert werden. Deshalb ist als Zweites ein neues Beratungsangebot zur Optimierung bestehender Heizungen vorgesehen.

Damit nicht ein überbordendes Erneuern in Gang gesetzt wird, ist das Förderprogramm bei vermieteten Liegenschaften an Bedingungen geknüpft, die die Sozialverträglichkeit gewährleisten. Es dürfen keine Leerkündigungen erfolgen, und bei der Mietzinsfestsetzung sind die Förderbeiträge zu berücksichtigen.

Stellungnahme des HEVZ

Wie Albert Leiser, Direktor des Hauseigentümerverbands Zürich (HEVZ), erläutert, ist das Förderprogramm aus dessen Sicht ambivalent: Einerseits begrüsst er es, dass Hauseigentümer mit zusätzlichen Fördergeldern in ihren kontinuierlichen Anstrengungen unterstützt werden sollen, die CO2-Emissionen im Gebäudebereich weiter zu reduzieren. Andererseits erscheint dem HEVZ die geplante Massnahme im aktuell herausfordernden Umfeld wenig angebracht.

Mit Blick auf die drohende Strommangellage hält es der Verband für wenig opportun, funktionierende Öl- und Gasheizungen durch Wärmepumpen zu ersetzen. Diese bräuchten im Vergleich zu fossilen Heizungen mehr Strom, und das sei in einer Mangellage nicht wünschenswert. Zudem dürfte aufgrund der derzeitigen Lieferengpässe bei Wärmepumpen und mangelnder Kapazitäten bei den Installateuren ein kurzfristiger Ersatz kaum möglich sein.

Graue Energie unterschätzt?

Schliesslich ist der HEVZ auch über die Umwelt- und Klimabilanz der geplanten Massnahme besorgt: Die proklamierte Umweltbilanz unter Berücksichtigung der sogenannten grauen Energie sei wohl nicht ganz so günstig, wie die Stadt behaupte. Darüber hinaus widerspreche ein vorzeitiger Ersatz fossiler Heizungen dem Geist der Kreislaufwirtschaft, über die am 25. September im Kanton Zürich abgestimmt wird und die nach dem Wunsch aller Parteien in der kantonalzürcherischen Verfassung verankert werden soll.

Tobias Hoffmann