Die auf dieser Seite vorgestellte 58er-Sonderklasse 3=6 von DKW stellt sich für den Betrachter neuwertig dar. Kaum je ein «Dekawee» dürfte den Showroom perfekter verlassen haben, als wie sich dieser schmucke Oldtimer präsentiert.
In den verchromten Raddeckeln spiegelt sich der Fotograf schärfer als im Badezimmer. Die mehrfarbigen Türverkleidungen sind eine Augenweide. Unter den sinnlichen Rundungen werkelt vorne ein heutzutage wieder salonfähiger Dreizylinder. Allerdings in einem Konzept, welches spätestens im Zuge der aufkommenden Abgasnormen Mitte der 60er-Jahre keine Überlebenschance mehr hatte.
Zweitakter
Dummdummdää ... schnell verfällt der Zweitakter über den Startknopf in seinen beängstigend instabilen Leerlauf, ruppig übergibt die Kupplung das kümmerliche Drehmoment (7,8 SAE-mkp bei 2800/min) an die vorderen Antriebswellen, dann hantelt man sich feinfühlig durch das verkehrte H-Schema der Lenkradschaltung.
Dummdummdäädää. Hervorzuheben ist die damals aufsehenerregende Coupé-Karosserie im Hardtop-Stil. Die Verwindungen halten sich in Grenzen, das Fast-Cabrio-Gefühl dank fehlendem mittlerem Dachpfosten macht Laune.
Hinter dem mit einem Chromring gezierten elfenbeinfarbigen Lenkrad geht es vom Pfannenstiel nach unten; bergab erweisen sich die Bremsen rasch als so standhaft wie ein Schneemann im April, weil eine der Achillesfersen des Zweitakters die nicht vorhandene Motorbremswirkung ist. Dädääähhh, dummdumm.
DKW war ursprünglich eine in Zschopau (Sachsen) beheimatete Auto- und Motorradmarke. Die drei Buchstaben bedeuteten nach einem Projekt des Firmengründers Rasmussen zuerst «Dampf-Kraft-Wagen». Es kam aber nicht zur Ausführung, sondern zu einem Spielzeugmotor mit dem Namen «Des Knaben Wunsch». Schliesslich aber gehörte DKW zu den Pionieren auf dem Gebiet des Zweitaktmotors und des Frontantriebs. Ab 1950 wurde die Produktion in Düsseldorf und Ingolstadt weiter geführt, nachdem die in Ostdeutschland hergestellten Fahrzeuge unter der Bezeichnung IFA vermarktet wurden.
Schweizer Anteile
1945 wurde das Zentraldepot für die Auto Union Ersatzteile (Audi, DKW, Horch, Wanderer) in Ingolstadt gegründet. Nach Umstrukturierungen erhöhte der Schweizer Ernst Göhner 1951 das Stammkapital mit 2,5 Mio. DM auf 5,5 Mio. 1953 verfügte er über 40,5% des auf 30 Mio. DM gestiegenen Aktienkapitals. Der Höhenflug der Marke passierte zwischen 1954 und 1958 mit Schnelllaster, Meisterklasse und Sonderklasse (684 bis 896 cm³). 1958 erwarb die Daimler-Benz AG 87,8% des Gesellschaftskapitals.
Zwischen 1957 und 1962 gab es den AU 1000 S mit 980 cm³-Zweitakter und leicht längerem Radstand auf der Basis des DKW F91 3=6 Sonderklasse. Ausserdem den AU 1000 Sport als Coupé und Cabrio. 1962 wurde das Düsseldorfer Werk veräussert und der letzte neue DKW als F102 vorgestellt. Aus diesem entwickelte Mercedes-Benz dann den ersten Nachkriegs-Audi mit einem sogenannten Mitteldruckmotor, als Limousine in der damals noch mehrheitlich zweitürigen Mittelklasse. 1964, nach einer Kapitalerhöhung auf 160 Mio. DM übernahm Volkswagen 50,3% an der Auto Union, welche die vorne angetriebenen DKW-Modelle F11, F12 und F102 vermarktete und auf der Basis des Letzteren die Audi-Ära einläutete.
Sicher durch Kurven
Unser 3=6 tuckert nun fröhlich dem See entlang und wird keineswegs zum Verkehrshindernis; seinerzeit fuhr ein DKW mit weniger als einem Liter Hubraum einem Zwölfhunderter-Käfer «Sicher durch die Kurve gezogen» (Werbespruch in den 50er-Jahren) souverän davon, und da ein Zweitakter ohne Nockenwelle und Ventile funktioniert, galten die Wartungskosten als weiterer Vorteil dieses Konzepts. Der Audi-Import ging an die AMAG, und das ehemalige DKW-Import-Zentrum in Schlieren wurde 1968 vom Ford-Vertreter Thomas Willy übernommen.