Robin Walz
Im Frühling 2020 war er plötzlich verschwunden. Jahrzehntelang hatte an der Bergstation Uetliberg ein aus einem roten Findlingsstein gefertigter Trinkwasserbrunnen gestanden. Der Abriss sorgte beim gemeinnützigen Verein Pro Uetliberg für Unmut. «Wir fanden es nicht in Ordnung, dass der Brunnen einfach in einer Nacht-und-Nebel-Aktion entfernt wurde», sagt Vereinspräsidentin Margrith Gysel. Was aber war mit dem Brunnen geschehen, welcher der Sihltal-Zürich-Uetliberg-Bahn (SZU) gehörte und von der Wasserversorgung der Stadt Zürich (WVZ) gewartet wurde? «Die Brunnenanlage zeigte altersbedingte Schäden und wurde im Auftrag des Eigentümers entfernt», begründet Hans Gonella von der Medienstelle der WVZ den Entscheid auf Anfrage.
Ein Ersatz des Brunnens war nicht vorgesehen. Als der Verein diesbezüglich bei der Stadt Zürich nachfragte, wurde ihm mitgeteilt, es gebe genügend Wasserspender am Uetliberg und ein neuer Brunnen sei zu reinigungsintensiv und zu teuer.
Happy End von kurzer Dauer
Im Anschluss setzte sich Pro Uetliberg bei der Stadt Zürich mit Hochdruck für einen neuen Brunnen an der Bergstation ein. Dank Spenden eines Vereinsmitglieds sowie des Verschönerungsvereins Zürich (VVZ) trieb er 15 000 Franken Sponsorengelder zur Mitfinanzierung auf. Daraufhin erklärte sich die WVZ bereit, für die restliche Hälfte der auf rund 30 000 Franken geschätzten Baukosten aufzukommen, und unterstützte das Projekt. Nachdem auch die SZU ihr Einverständnis signalisiert hatte, begann die WVZ im Frühjahr 2022 mit den Bauarbeiten des neuen Brunnens.
Im Sommer 2022 weihte Pro Uetliberg den neuen Trinkwasserbrunnen gleich neben dem Kiosk ein. Am Fest anwesend waren unter anderem auch Vertreter der WVZ und der SZU. Alle Beteiligten zeigten sich zufrieden, das kleine Brunnendrama schien ein gutes Ende gefunden zu haben. Der «Tages-Anzeiger» titelte denn auch: «Happy End auf dem Zürcher Hausberg – Der ‹geraubte Brunnen› ist zurück».
Allerdings fehlte noch die Sponsorentafel, die Pro Uetliberg zur Anerkennung der Sponsoren hatte herstellen lassen und die sie nun, im Herbst 2023, auf dem Brunnen montieren wollte. Doch damit biss sie bei der Stadt auf Granit: Diese liess verlauten, bei der WVZ montiere man nie Tafeln und auch keine anderen Gegenstände an die Brunnen. Wie Hans Gonella erklärt, würde das Schäden verursachen, wenn die Tafeln gealtert seien und entfernt werden müssten. Der Brunnen war zur Quelle einer weiteren Kontroverse geworden.
Es blieb nichts anderes übrig, als die Tafel entweder gar nicht oder aber auf der Steinmauer zu montieren, die knapp zweieinhalb Meter hinter dem Brunnen liegt. «Eine unbefriedigende Lösung», meint Pro-Uetliberg-Vizepräsident Rolf Kuhn. Die Plakette sei nun derart weit vom Brunnen entfernt, dass man sie nicht damit in Verbindung bringe. Zudem sehe man das bescheidene 17 Zentimeter breite «Täfeli» kaum.
Die Stadt lässt sich nicht erweichen
Gemäss Kuhn setzte sich deshalb sogar ein Mitglied der SZU-Geschäftsleitung höchstpersönlich bei der WVZ dafür ein, die Sponsorentafel auf eigene Kosten auf dem Brunnen zu platzieren. Vergeblich. Dieses Angebot stiess wie auch die vorherigen Anfragen von Pro Uetliberg mit dem Vorschlag, die Plakette am Brunnen selbstständig anzubringen, bei der WVZ auf kein Gehör.
Wie Kuhn sagt, ist die unbefriedigende Platzierung der Sponsorenplakette noch immer auf der Traktandenliste von Pro Uetliberg. Am Widerstand der Stadt gegen das Anbringen der Plakette am Brunnen selbst dürfte sich wohl kaum etwas ändern, da der geschilderte Grundsatz ausnahmslos für alle Brunnen gilt. Allerdings hoffe man, so Kuhn, auf eine andere Lösung, zum Beispiel eine Vergrösserung der Plakette, damit sie sichtbarer wird.
Der Brunnen plätschert zwar und erfreut durstige Wandersleute, die nicht im Restaurant einkehren wollen, doch bis zum idyllischen Ende der Brunnensaga am Uetliberg fehlt immer noch ein Stück.