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Kanton Zürich
18.01.2024
18.01.2024 16:41 Uhr

Auf der Pirsch nach dem auffälligsten WEF-Flugzeug

Einst Highlight für Spotter, inzwischen in Zürich selten geworden: die Boeing 747 «Jumbo Jet». Hier die Maschine des chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang.
Einst Highlight für Spotter, inzwischen in Zürich selten geworden: die Boeing 747 «Jumbo Jet». Hier die Maschine des chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang. Bild: Hakan Aki
Noch bis zum Freitag blickt die Welt auf das World Economic Forum (WEF) in Davos. Das rief zahlreiche Spotter auf den Plan. Die einen reisten von weit her an, die anderen wegen einzelner Sujets.

Hakan Aki

Es ist kurz nach 9 Uhr, als ich am vergangenen Montagmorgen an der Zuschauerterrasse des Flughafens Zürich ankomme. Zahlreiche Schaulustige, Hobbyfotografen, Aviatik-Fans und Spotter liegen bereits auf der Jagd nach dem besten Schnappschuss auf der Lauer. 

Auf der WEF-Teilnehmerliste stehen unter anderem Namen wie der des US-Aussenministers Antony Blinken oder des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Israels Präsident Isaac Herzog ist ebenso mit von der Partie wie der libanesische Ministerpräsident Najib Mikati, der irakische Premierminister Mohammed Shyaa al Sudani, der jordanische Premierminister Bisher Hani al Khasawneh, der iranische Aussenminister Hossein Amir-Abdollahian sowie UNO-Generalsekretär António Guterres und die ­Präsidentin der Europäischen Union, Ursula von der Leyen. Alle landen am Flughafen Kloten. Während ich in die Menschenmenge blicke, schiesst mir ein Gedanke durch den Kopf: «Worin liegt der Reiz für eine derartige Freizeitbeschäftigung?»

Die Welt zu Gast bei Freunden

Eine Antwort liefert mir Bas Felders. Der Niederländer aus der Nähe von Amsterdam ist seit über 25 Jahren leidenschaftlicher Spotter. Vater und Sohn sind bereits Sonntagabend in der Flughafenstadt angekommen. «Dank des Weltwirtschaftsgipfels erhalten wir einen Blick auf Flugzeuge, die wir sonst nicht vor die Linse bekämen. Wir hoffen, so viele Bilder wie möglich mit nach Hause nehmen zu können», führt der 37-jährige Spotter aus. 

Da meldet sich ein Gleichgesinnter zu Wort: «Mir ist zu Ohren gekommen, dass die Präsidentin der EU-Kommission am Nachmittag mit einer Militärmaschine der Luftwaffe in Kloten landen wird, bevor es für sie weiter nach Davos geht», weiss Kjan Akhbari aus Eglisau zu berichten. «Auch wenn ich Ursula von der Leyen höchstwahrscheinlich selbst nicht zu Gesicht bekommen werde, freue ich mich auf den Trubel um ihre Ankunft und die Helikopter, die durch die Luft schwirren werden.» Er fügt an: «Am Freitag habe ich die Gelegenheit, vom Vorfeld aus zu fotografieren», strahlt der 61-Jährige. 

  • Extra für Zürich24 hat sich hier eine hübsche Fliegerparade formiert. Bild: Hakan Aki
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  • Ein typischer, diskret beschrifteter Privatjet. Bild: Haka Aki
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  • Dieser Flieger besticht durch seine Tarnfarbe. Bild: Hakan Aki
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  • So macht Reisen Freude, mit diesem steilen Winkel ist man bestimmt schneller am Ziel. Bild: Hakan Aki
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  • Die finnische Regierung kam auch nach Kloten. Bild: Hakan Aki
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  • Mega dynamisch, das Heck blieb heil. Bild: Hakan Aki
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  • Edel dunkelbau lackiert präsentiert sich dieses Flugzeug. Bild: Hakan Aki
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  • Ein weitere diskreter Jet, wohl von einem wichtigen CEO. Bild: Hakan Aki
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  • Sie haben neben unserem Korrespondenten Hakan Aki die Fotos geschossen, die höchst versierten Flieger-Spotter. Bild: Hakan Aki
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Seltenheitswert und der olympische Gedanke

«Meine Tochter ist flugbegeistert, was uns regelmässig an den Flughafen führt», antwortet Martina Hiltebrand aus Würenlos auf die Frage nach dem Hype. Neben den Prachtexemplaren interessiert sich die Aargauerin natürlich auch dafür, welche prominenten Personen in den jeweiligen Maschinen sitzen. «Unser Hauptaugenmerk liegt in erster Linie auf den Flugzeugtypen. Auf die Aufnahme vom A380 bin ich besonders stolz», sagt sie freudestrahlend. 

«Da simmer dabei! Dat es prima!», wird sich wohl Jochen Schiermeier aus Köln gedacht haben. Allerdings scheint er nicht das vorgefunden zu haben, was er sich erhofft hat. «Im Vergleich zu den vergangenen Jahren ist diesmal eher Flaute angesagt», gibt sich der Rheinländer enttäuscht. Dennoch gibt er die Hoffnung nicht auf: «Wir sind noch bis Mittwoch hier, und ich hoffe, dass ich den einen oder anderen Flugzeugtyp noch vor die Linse bekomme.» Die Vielfalt soll es richten. Der Spotter reist den Fliegern bereits seit zehn Jahren nach. «Die MD11 mit ihren drei Triebwerken war mein bisheriger Höhepunkt. Sie vor die Objektive zu bekommen, ist eher eine Seltenheit. Vor etwa zehn Jahren, als die A380 nach Düsseldorf kam, entfachte der Anblick der Maschine mein inneres Feuer für Flugzeuge», erinnert sich der 26-Jährige. 

«Neben den Flugzeugtypen gefallen mir auch die Lackierungen der Maschinen», erzählt der Aargauer Robert Dobler. «Daneben freue ich mich über jede ausländische Maschine, die in Zusammenhang mit dem Weltwirtschaftsforum in Kloten landet. Derartige Staatsmaschinen bekommt man nicht täglich zu sehen. Da lohnt es sich schon, mal früh aufzustehen.» Besonders stolz ist er auf seine Aufnahmen der beiden Air-Force-One-Maschinen aus dem Jahr 2020, als Donald Trump am WEF teilnahm. Als eine Art Täuschungsmanöver kann die Tatsache betrachtet werden, dass es zwei baugleiche Ausführungen der Präsidentenmaschine des Typs Boeing 747 gibt. So weiss niemand, in welcher der amerikanische Präsident sitzt. «Sie unterscheiden sich lediglich durch ihre Registrierungsnummern», weiss der Fachmann zu berichten. 

«Ähnlich wie bei den Promi- und Autogrammjägern geht es bei Spottern ebenso ums Jagen und Sammeln», beschreibt der Hannoveraner Jörg Hartmann sein Hobby. Während die einen ihren Fokus auf den Flugzeugtyp legen, konzentrieren sich andere auf die Kennzeichen oder die Bemalung. Hartmann freut sich auf die Iraqi Airways, die, von Bagdad her kommend, in Kloten landen werde. «Es wäre schon ein regelrechter Hammer, wenn ich sie ablichten könnte», freut er sich. Hartmann ist seit über 30 Jahren im Geschäft und erinnert sich an seine Anfänge: «Die Lufthansa bekam den Jumbo 747-400. Das war 1989. Damals war ich 17 Jahre jung.»

Er kam wegen Selenski 

Albert Wegmann aus dem Zürcher Weinland feiert in diesem Jahr seine Premiere als «Jäger und Sammler». «Ich bin das erste Mal im Rahmen des WEF am Flughafen und will das Ganze auf mich wirken lassen», gibt er sich gelassen. Neben seiner Tätigkeit als Spotter ist Wegmann leidenschaftlicher Landschaftsfotograf. Er nimmt nach eigener Aussage an internationalen Fotowettbewerben teil. 

Stewart Greea reiste lediglich für eine Maschine aus England nach Kloten. Er hoffe auf einen Schnappschuss des Fliegers des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski. Gegen Mittag schien sich der Traum des Londoners zu erfüllen: Reges Treiben begann. Am Himmel über Zürich kreisten plötzlich Helikopter, die die Ankunft des Präsidenten vorauszusagen schienen. Die Menschentraube bezog Stellung. Die Teleobjektive wurden ausgefahren. Während die einen ihren Erfolg lauthals herausposaunten, schauten andere in die Röhre. Der ukrainische Präsident wurde wie erwartet gut abgeschirmt in einen der Helikopter verfrachtet, der ihn ins Bundeshaus nach Bern brachte. Während es für die einen das Ende des «Arbeitstages» bedeutete, harrten andere aus und hofften auf den nächsten grossen «Fisch». ­

Hakan Aki/Zürich24