Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland
Stadt Zürich
02.03.2024
06.03.2024 17:17 Uhr

Noch mehr Nischen für ruhiges Arbeiten

Das etwas versteckt gelegene Hotel St. Peter unweit des Paradeplatzes ist der ideale Ort, um eine Stunde oder zwei durchzuatmen.
Das etwas versteckt gelegene Hotel St. Peter unweit des Paradeplatzes ist der ideale Ort, um eine Stunde oder zwei durchzuatmen. Bild: Sorell Hotels
Wem zu Hause die Decke auf den Kopf fällt, hat in der Stadt zahlreiche Möglichkeiten zum Arbeiten, von Starbucks-Cafés bis zu etlichen Coworking Spaces. Übersehen werden oft die Rückzugsorte in Hotels: Manche Lobbynische hat das Zeug zum externen Wohnzimmer, guten Kaffee inklusive.

Tobias Hoffmann

Auch die junge Marketingmitarbeiterin eines hippen Zürcher Hotels kannte den Begriff nicht: Cocooning. Eigentlich bezeichnet er seit den 1980er-Jahren den Rückzug ins eigene Heim in allgemeinen Krisenzeiten oder in Phasen persönlicher Verunsicherung. Ob es beim Cocooning darum geht, sich abzuschotten, sich zu sammeln oder sich gleich ganz vom Trubel des Lebens zurückzuziehen, wollen wir hier nicht weiter diskutieren. Hier geht es darum, dass der Rückzug in eine Nische auch ausserhalb der eigenen vier Wände möglich ist, als willkommene Abwechslung zum Homeoffice. Eingepuppt sein, in Ruhe arbeiten und lesen können und sich doch am Puls der Stadt fühlen – das könnte ein neuer Trend werden.

Unter vier Sternen geht es kaum

Zürich hält Hunderte Möglichkeiten für eine solche Auszeit bereit. Das Problem bei vielen Restaurants und Coworking Places ist nur, dass sie zu laut und zu eng sind. Deshalb lohnt es sich, eine oft vergessene Kategorie ins Auge zu fassen: die Hotellobby. Hotels gibt es in Zürich ja zuhauf, in den letzten zwei Jahrzehnten, in denen die Stadt hip geworden ist, wurden viele neue eröffnet. Um in den Genuss einer geräumigen, bequemen Lobby zu kommen, bedarf es allerdings eines gehobenen Hotels. Unter vier Sterne geht es selten.

In älteren Grandhotels ist die Lobby oft eine Halle mit einem oder mehreren Rezeptionsschaltern, in der reges Kommen und Gehen herrscht und einige Sitzgelegenheiten für eine kleinere Wartepause bereitstehen. In neueren Hotels geht die Rezeption meistens in eine weitläufige Lounge-Zone über, die manchmal auch direkt mit Bar und Restaurant gekoppelt ist und wo man sogar dinieren kann.

Auswärtige Gäste erwünscht

Solche «Lobby Lounges» können sehr attraktive und wohnliche Orte sein, wie es sie sonst nur im privaten Bereich gibt. Eine Firma für Hoteleinrichtungen schreibt denn auch, nichts repräsentiere ein Hotel deutlicher als Lobby und Rezeption. Deren Gestaltung sei entscheidend, «weil es sich dabei um das Gesicht und Aushängeschild Ihres Hotels handelt».

Nicht alle Lobbys stehen allerdings für auswärtige Besucher offen. Manche Hotels wollen ihre Gäste gegen zu viel Unruhe abschirmen und stellen dann schon einmal ein Schild auf: «Nur für Hotelgäste». Andere Hotels hingegen laden auswärtige Gäste ausdrücklich dazu ein, den Lobbybereich zu nutzen. Wir stellen hier einige von ihnen vor: wunderbare Rückzugsorte mit Charakter.

Internationaler oder chinesischer Hotelchic? Die Lounge des «Mandarin Oriental Savoy» gibt sich gediegen zurückhaltend. Bild: Mandarin Oriental

Mandarin Oriental Savoy: Hongkong am Paradeplatz

Wir müssen uns daran gewöhnen, dass arabische Staatsfonds und chinesische (Kapital-)Gesellschaften so manches Filetstück der Schweizer Hotellerie unter ihre Fittiche nehmen. Nun hat es das «Savoy» erwischt, eine Hotelikone am Paradeplatz, die seit letztem Dezember wieder geöffnet ist. Auch hier gibt es keinen Grund, sich von den fünf Sternen das Überschreiten der Schwelle zu versagen, statt sich im gediegenen Hotel für eine Weile zur Ruhe zu setzen.

In der Mandarin Lounge sind auch auswärtige Gäste willkommen. Für einmal wollen wir das Marketing des Hotels sprechen lassen, um eine Ahnung vom Charakter der Lounge zu vermitteln: «Der stilvolle Raum ist mit strukturierten Glaspaneelen, Holz- und Steinverkleidungen sowie stimmungsvoller Beleuchtung ausgestattet und bietet die perfekte Kulisse für entspannte Geschäftstreffen. Die Speisekarte bietet eine Auswahl an eleganten Cocktails und köstlichen Speisen.» Auch hier gilt: Die ideale Zeit für einen Besuch dürfte am Nachmittag sein. Man kann es ja bei einem Cappuccino bewenden lassen. Oder könnte es doch schon ein Cocktail sein?

Weitere Infos: www.mandarinoriental.com/de/zurich/savoy

Ab 12 Uhr ist The Vault geöffnet, eine hervorragend bestückte Weinbar, die am Nachmittag noch beschaulich sein dürfte. Bild: FIVE Hotels

Five Hotel: Partyparadies am Stadtrand

Die Website des Hotels Five beim Triemli hat etwas Anrüchiges: Auf den Bildern tummeln sich ausnahmslos leicht bekleidete sehr junge Frauen in Partylaune. Wer ist nun das Zielpublikum: die feiernden Frauen oder die gut betuchten Männer, die solche Frauen anzutreffen hoffen?

Aber lassen wir unsere Skepsis mal beiseite, es geht ja nicht darum, was hier abends und nachts abgeht. Das Five hat sehr schöne Räume für eine ruhige Auszeit am Nachmittag zu bieten, namentlich die Weinbar The Vault mit grandiosem Blick auf die Stadt. Man muss ehrlich gestehen: Nirgendwo in Zürich fühlt man sich so weit weg vom Alltag, vielleicht vom Dolder Grand einmal abgesehen. Eskapismus pur, nur 16 Minuten mit der Üetliberg-Bahn plus ein paar Minuten Fussweg vom Stadtzentrum entfernt …

Weitere Infos: https://zurich.fivehotelsandresorts.com/de

Gleich beim Eingang des Hotels St. Peter beginnt der Loungebereich. Bild: Tobias Hoffmann

Hotel St. Peter: Stylischer Rückzugsort in der Altstadt

Beim Griederhaus geht die Altstadtgasse «In Gassen» von der Bahnhofstrasse ab. Nach fünfzig Metern sehen Sie linkerseits das Restaurant Bindella. Ein paar Meter davor links hinein – da befindet sich seit ein paar Jahren das Hotel St. Peter. Sie kennen es nicht, stimmt’s? Es ist ein kleines, sehr schön designtes Hotel der Sorell-Kette mit lediglich 46 Zimmern. Allzu viel Betrieb herrscht hier nicht. Deshalb ist die luftig und leicht gestaltete Lobby mit grosser Glasfront ein schönes Plätzchen, um dem Tramgequietsche am Paradeplatz zu entkommen.

Am Nachmittag kann man hier bestens verweilen, die Mails checken oder über einem Bericht brüten. Zu trinken gibt es natürlich Verschiedenes, aber zu essen offenbar nicht: Die Hot Paninis und Pizzen auf der Karte sind laut Hotelwebsite den Hotelgästen vorbehalten. Dafür kann man hier als externer Gast das Frühstück ordern, das nicht durch Fülle, sondern durch ausgesuchte Qualität besticht. Und das jeden Tag von 6.30 bis 12 Uhr. Das könnte also ein hübsches Hide-away sein, zum Beispiel wenn Petrus es kübeln lässt und man sich nicht in überfüllte Cafés quetschen will.

Weitere Infos: https://sorellhotels.com/de/st-peter/zuerich

«Trainspotting» steht an der Fassade des 25hours Hotels Langstrasse – das geht auch vom chilligen «Wohnzimmer» des Hotels aus. Bild: 25hours Hotels

25hours Langstrasse: Verspielt urban mit HB-Anschluss

«Jede coole Stadt braucht ein 25hours Hotel», schreibt die Hamburger Hotelkette auf ihrer Website. Dann muss Zürich ja obercool sein, denn hier gibt es gleich zwei davon, eines an der Ecke Lagerstrasse/Lang­strassenunterführung und eines an der Pfingstweidstrasse. Das «25hours Langstrasse», das einzige grössere Hotel in dieser Ecke der Stadt, ist ein etwas klotziger, dunkler Würfel, innendrin aber ein ziemlich verspieltes, farbiges Universum mit vielen Nischen.

Wenn man sich beim Eingang links wendet, gelangt man in die Chinchona Bar, wo man tagsüber gut den Laptop ausklappen und arbeiten kann. An der Hinterseite, rechts um die Ecke, geht sie in das «Wohnzimmer» über (siehe Bild), an dem die Züge schon fast in Griffweite, aber lautlos vorbeifahren. Im ersten Stock schliesslich befindet sich die «Tonbandlounge» mit zahlreichen Sitzgelegenheiten; sie kann jedoch für Meetings gebucht ­werden und bleibt dann verschlossen. Ein guter Rückzugsort also, wo man vielleicht nicht für 25 Stunden, aber allemal für 2 bis 3 bleiben kann.

Weitere Infos: www.25hours-hotels.com/hotels/zuerich/langstrasse

Diese Wohnzimmerecke ist Teil der grossen Lobby-Lounge-Landschaft im «Park Hyatt» in der Enge. Bild: Park Hyatt

Park Hyatt: Weitläufige Lobbylandschaft

Zugegeben, es ist ein Bildausschnitt, der täuscht. Zwar hat diese Ecke der Lobby Lounge im «Park Hyatt» in der Enge tatsächlich Wohnzimmercharakter, aber sie ist Teil einer weiten Aufenthaltszone, die sich direkt an die Rezeption anschliesst. Man muss schon fast von einer Landschaft sprechen, die überdies einen sehr hohen «Himmel» über sich hat. Kuschelig ist das nicht, aber eindrücklich.

Und man kann hier durchaus konzentriert arbeiten, wenn auch nicht unbedingt abends. Dann gibt es einfach zu viel zu sehen: Internationales Hotelpublikum geht ein und aus oder zum angrenzenden Restaurant oder zur Bar hinüber. Speisen lässt sich auch in der Lounge, und es kann hervorragend schmecken. Nur die Wege von der Küche her sind vielleicht etwas gar weit. Und die Preise? Den Seufzer ersparen wir uns.

Weitere Infos: www.hyatt.com/de-DE/hotel/switzerland/park-hyatt-zurich/zurph

Le Hall im «Baur au Lac»: Nirgends in Zürich gibt es eine vergleichbare Opulenz – und als Zugabe eine erholsam gedämpfte Akustik. Bild: Baur au Lac

Baur au Lac: Ein bisschen königlich

Zürich fehlt es an Grandezza, nur hie und da finden sich einige Auswüchse an Pracht aus der Gründerzeit und der Belle Époque. Das luxuriöseste Stadt­hotel, das «Baur au Lac» nahe beim Bürkliplatz, gibt sich wie ein Resort, die teuren schwarzen Limousinen beim Eingang mögen viele abschrecken. Dabei bezeichnet das Hotel die «Le Hall» genannte Lounge als «Wohnzimmer Zürichs».

In der Tat darf man hier wohl auch mit einer H & M-Tüte Platz nehmen. Man kann in Louis-Soundsoviel-Stühlen der englischen Teekultur frönen oder sich einfach in ein Buch vertiefen oder in der Opulenz des Raumes schwelgen. Alles ist (sehr) teuer, wird aber stilvoll serviert. Das Schönste aber ist die gedämpfte Akustik: eine Intensivkur für überreizte Ohren.

Weitere Infos: www.bauraulac.ch/de

Weitere Tipps

Im Folgenden finden Sie nach und nach weitere Tipps zu Rückzugsorten in Hotels.

Wenn Sie die Redaktion auf eine gemütliche Hotellobby aufmerksam machen wollen, die wir hier nicht vorgestellt haben, schreiben Sie bitte ein E-Mail an den Autor des Beitrags: tobias.hoffmann@lokalinfo.ch.

Vielen Dank für Ihren Hinweis. Wir sind gespannt!

Tobias Hoffmann