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Zürich 2
08.04.2024

Die Fronten bleiben verhärtet

Ein grünes Farbband entlang des Fahrbandrandes macht die Velovorzugsroute erkennbar. Die Velofahrenden müssen aber nicht auf dem Band fahren.
Ein grünes Farbband entlang des Fahrbandrandes macht die Velovorzugsroute erkennbar. Die Velofahrenden müssen aber nicht auf dem Band fahren. Bild: Lorenz Steinmann
Kein Konsens: Gegnerinnen und Befürworter der Veloschnellroute Wollishofen diskutierten kürzlich an einem Podium miteinander. Zwar sprachen sich alle für sichere Velorouten aus, doch die Umsetzung sorgte für hart geführte Diskussionen.

Pascal Turin

Erst gerade hat die Stadt Zürich auf der Mühlebachstrasse und auf der Zollikerstrasse eine Velovorzugsroute – oder auch Veloschnellroute – eröffnet. Auf der 2,5 Kilometer langen Strecke im Kreis 8 haben nun die Velofahrerinnen und Velofahrer Vortritt. Es ist die erst zweite Velovorzugsroute der Stadt. Die erste führt über die Baslerstrasse und die Bullingerstrasse und verbindet Altstetten mit dem Kreis 4. Viele weitere solcher Velo-Highways sind geplant, darunter auch in Wollishofen.

Einerseits hat die Stimmbevölkerung klar ihren Willen geäussert, dass sie sichere Velorouten will. So wurde eine entsprechende Initiative im Jahr 2020 mit 70,5 Prozent Ja-Stimmen sehr deutlich angenommen. Andererseits baut die Stadt ausgerechnet dort ihre Velovorzugsrouten, wo es aus Kritikersicht oft nicht nötig ist. Ins Feld geführt werden unter anderem jeweils die Sicherheit der Kinder auf dem Schulweg oder der Parkplatzabbau.

Wollishofer Bevölkerung wehrt sich

Auch an der Kilchberg- und Tannenrauchstrasse soll es eine Veloschnellroute geben. Diese stösst allerdings auf grossen Widerstand. Insgesamt 471 Einwendungen gingen auf die Ausschreibung ein. Die meisten Einwendungen wurden aber zurückgewiesen. Die Stadt hält somit an ihrer Planung fest.

An vorderster Front wehrt sich die eigens gegründete Nachbarschaftsgemeinschaft Wollishofen. Diese organisierte ­darum kürzlich ein Podium im Kirchgemeindezentrum St. Franziskus. Die Idee: eine konstruktive Diskussion über die Pläne der Stadt – und ein Dialog über Alternativen. Das Podium zeigte aber, dass es schwierig ist, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Die Geg­nerinnen und Gegner fühlen sich von der Stadt nicht ernst genommen, während die Befürworterinnen und Befürworter vor allem die Vorteile für die Velofahrenden in den Vordergrund stellen.

«Ich spüre zuerst einmal ganz viel Angst vor der Geschwindigkeit. Aber die Velos werden nicht einfach durchrasen», sagte zum Beispiel Andrea Freiermuth von Pro Velo Kanton Zürich, vorauf einige im Saal ungläubig den Kopf schüttelten. Silas Hobi, Geschäftsleiter der Organisation Umverkehr, verwies auf die demokratische Legitimation der Veloschnellrouten. «Wir haben mehrmals darüber abgestimmt», sagte Hobi. So hat die Bevölkerung nicht nur zur Initiative «Sichere Velorouten für Zürich» Ja gesagt, sondern 2021 den kommunalen Verkehrsrichtplan angenommen, in dem das Velonetz eingetragen ist.

Und Sabine Arnold von den Grünen Kreis 1/2 betonte, dass sie sich auf die Velovorzugsroute freue. Es gebe wenige Stellen in der Stadt, an denen sie sich als Velofahrerin «so wirklich sicher fühle». Hier brandete viel Applaus der Befürworterinnen und Befürworter auf. Zwar waren diese in der Unterzahl, machten sich aber immer wieder lautstark bemerkbar. Klar ist: Nicht alle Wollishoferinnen und Wollishofer sind gegen die geplante Velovorzugsroute.

Den Konsens suchte Felix Weber, Präsiden des Gewerbevereins Zürich 2. «Schön wäre, es wäre ein Miteinander und kein Gegeneinander. Ich sehe, die Fronten sind sehr verhärtet», sagte der Mitinhaber der Weber Dach AG. Die Initiative «Sichere ­Veloruten für Zürich» sei so deutlich angenommen worden, dass man eigentlich gar nicht dagegen sein könne. Er hoffe einfach, dass es eine gute Lösung für das Restaurant Bürgli gebe. Dieses hat zwar ein paar eigene Parkplätze, viele Gäste parkieren jedoch auch in der blauen Zone. Wenn diese wegfallen, könnte dies existenzbedrohend für das Restaurant werden.

Catharina Joss, die das «Bürgli» zusammen mit Regula Gloor Belide leitet, sass im Publikum. «Die Veloschnellroute bedeutet für uns den Tod», formulierte sie unmissverständlich in der Diskussionsrunde.

Angst vor schnellen E-Bikes

Auch Sängerin und Anwohnerin Vera Kaa kämpft gegen die Veloschnellroute. «Man muss doch auch mal mit denen reden, die an dieser Strasse wohnen», sagte sie. Vor allem die Elektrovelos stossen ihr sauer auf, die aus ihrer Sicht schon jetzt viel zu schnell durch ihr Quartier fahren.

«Das Problem ist ja nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch die Verhältnismässigkeit der Umsetzung», kritisierte Ivette Djonova, Präsidentin der FDP Zürich 2. Niemand sei generell gegen Velorouten. Was sie störe sei die aus ihrer Sicht unverhältnismässige Umsetzung.

Vera Kaa formulierte zum Schluss einen Appell an die Stadt: «Warum können wir keine gute Lösung finden, bei der Velos und Autos aneinander vorbeifinden?» Da aber niemand von der Stadtverwaltung auf dem Podium sass – obwohl die Organisatorinnen und Organisatoren eine Einladung ausgesprochen hatten –, konnten in der Diskussionsrunde viele der zum Teil sehr kritischen Fragen nur oberflächlich beantwortet werden. Immerhin findet am Dienstag, 16. April, eine öffentliche Informationsveranstaltung zur Velovorzugsroute statt. Wieder am gleichen Ort und dieses Mal mit den Stadträtinnen Simone Brander (SP) und Karin Rykart (Grüne).

  • Sabine Arnold sitzt im Vorstand der Grünen Kreis 1/2 und ist Kommunikationsberaterin. Bild: Pascal Turin
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  • Andrea Freiermuth zeichnet bei Pro Velo Kanton Zürich für die Kommunikation zuständig. Bild: Pascal Turin
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  • Umweltnaturwissenschafter Silas Hobi ist Geschäftsleiter der Organisation Umverkehr. Bild: Pascal Turin
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  • Die bekannte Sängerin Vera Kaa wohnt an der geplanten Veloschnellroute. Bild: Pascal Turin
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  • Felix Weber präsidiert den Gewerbeverein Zürich 2 und leitet die Weber Dach AG. Bild: Pascal Turin
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  • Ivette Djonova ist Präsidentin der FDP Zürich 2 und Generalsekretärin bei Pro Cinema. Bild: Pascal Turin
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Pascal Turin/Zürich24