Ein paar Hundert Meter Strasse, ein neues Schild – und schon tobt das Land. Tempo 30 ist längst kein Verkehrsthema mehr, sondern eine Frage der Identität. Wer bremst, ist vernünftig oder linksgrün; wer Gas gibt, freiheitsliebend oder schlicht genervt. Die «NZZ am Sonntag» betrachtet das Dillema mit einem Augenzwinkern.
In Zürich fast überall
Seit Jahren kriecht die «30» von den Wohnquartieren auf die Hauptstrassen. Sie schleicht sich quasi an. In Zürich gilt sie bereits auf Hunderten Kilometern, sehr zum Unmut jener, die finden, der Staat solle sich vom ihrem Gaspedal fernhalten.
Der Bundesrat mit Gegensteuer
Der Bundesrat will nun gegensteuern: Tempo 50 soll wieder Regelfall werden. Die Städte hingegen sprechen von einer «Attacke» – womit das Tempolimit endgültig zum Kulturkampf geworden ist.
Weniger Tempo, weniger Lärm
Die Fakten sind eigentlich klar: Weniger Tempo bedeutet weniger Lärm und mehr Sicherheit. Doch der Mensch ist keine Maschine. Wird er gebremst, ohne den Sinn zu verstehen, rebelliert er. Psychologen nennen das «Reaktanz» – der Versuch, verlorene Freiheit zurückzuerobern. Politologen wiederum wissen: Kaum ein Thema lässt sich so leicht verpolitisieren
Tief sitzendes Bedürfniss
Am Ende bleibt ein Land, das sich an einem roten Kreis mit schwarzer Zahl abarbeitet – Symbol eines tief sitzenden Bedürfnisses, wenigstens auf der Strasse noch selbst zu bestimmen, wo’s langgeht.