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Stadt Zürich
16.12.2025

«Zugschubser» wehrt sich gegen Ausschaffung

Das Zürcher Obergericht befasste sich am Dienstag zum zweiten Mal mit einem Mann, der 2021 im HB eine Frau vor einen einfahrenden Zug gestossen hatte. (Symbolbild)
Das Zürcher Obergericht befasste sich am Dienstag zum zweiten Mal mit einem Mann, der 2021 im HB eine Frau vor einen einfahrenden Zug gestossen hatte. (Symbolbild) Bild: KEYSTONE/ENNIO LEANZA
Ein 31-jähriger Eritreer hat sich am Dienstag vor dem Zürcher Obergericht gegen eine Landesverweisung gewehrt. Er stiess 2021 eine Frau im HB vor einen einfahrenden Zug.

Der Fall beschäftigt die Gerichte schon länger, im November 2022 erging das erste Urteil des Bezirksgerichts Zürich. Das Obergericht beugte sich am Dienstag zum zweiten Mal über den Fall.

Diverse Delikte

Dem Beschuldigten wurden diverse Delikte zur Last gelegt. Der Mann flüchtete aus Eritrea in die Schweiz. Laut Gutachten leidet der 31-Jährige an paranoider Schizophrenie und einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Wahllos Personen auf Perron gestossen

Die Krankheiten gelten auch als Grund, warum er etwa einen Gottesdienst störte, Polizisten angriff oder offenbar wahllos eine Frau vom Perron des Gleis 4 im HB auf die Geleise stiess. Am Dienstag ging es vor Gericht nur noch um letzteres, alle anderen Delikte sind bereits abgeurteilt.

Hintergrund für die erneute Verhandlung war, dass das Bundesgericht ein Urteil im falschen Anklagepunkt bemängelte. Die Staatsanwaltschaft hatte keine Gefährdung des Lebens angeklagt, das Obergericht hatte den Mann aber deswegen verurteilt.

Gefährdung des Lebens

Die Staatsanwaltschaft holte dies mittlerweile nach und forderte eine Verurteilung wegen Gefährdung des Lebens. Der Beschuldigte habe die Frau in akute Gefahr gebracht. Der Verteidiger wies dies ebenso zurück, wie eine geltend gemachte versuchte Tötung.

«Ein anderer Mensch»

Der Beschuldigte lebt seit Frühling 2025 in einem betreuten Wohnheim, zuvor war er in einer psychiatrischen Klinik. Ihm macht vor allem die drohende Landesverweisung Sorgen, wie er am Dienstag vor Gericht sagte. Er habe in Eritrea Schlimmes erlebt. Zum Vorfall wollte er nichts mehr sagen, «ich bin heute aber ein anderer Mensch».

Dass er die ihm unbekannte Frau auf die Geleise gestossen hatte, sei «kein böser Wille» gewesen. Er sei damals in einem sehr schlechten Zustand gewesen.

Frau konnte sich retten

Bei dem Vorfall im Frühling 2021 im Zürcher HB war der Zug noch mit 17 Kilometern pro Stunde unterwegs und etwa 50 Meter entfernt, als die Frau nahe des Prellbocks auf die Geleise gestossen wurde. Sie konnte sich selber retten, der Lokführer leitete eine Bremsung ein. Der Zug kam schliesslich ungefähr an der Stelle zum Stehen, wo die Frau hingestossen wurde.

Motiv im Dunkeln

Der Verteidiger wies darauf hin, dass das Todesrisiko sehr gering gewesen sei. «Eine unmittelbare Lebensgefahr bestand nicht», meinte er. Einen direkten Vorsatz könne seinem Mandanten nicht vorgeworfen werden. Warum er die Frau gestossen habe, bleibe im Dunkeln, rational gehandelt habe er aufgrund seiner Krankheit nicht.

Verteidiger fordert Freispruch

Der Verteidiger plädierte auf Freispruch. Eine Landesverweisung würde damit entfallen. Dennoch wies der Anwalt darauf hin, dass eine solche fatale Folgen für den 31-Jährigen haben werde. «Mein Mandant steht in Eritrea auf der Roten Liste, er ist bekannt als Regimegegner», sagte er.

Urteil folgt schriftlich

In seinem Schlusswort hoffte der Beschuldigte auf ein besseres Leben. «Ich bin noch sehr jung und hatte bisher kein schönes Leben», sagte er. Ein Urteil gab es am Dienstag nicht mehr. Das Gericht wird dieses den Parteien in den nächsten Tagen schriftlich eröffnen.

Keystone-SDA
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