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Kanton Zürich
05.03.2024

Aufwand ist grösser als gedacht

Im Schnitt wurden bislang pro Tag mehr als fünf Tickets der neuen Spartageskarte Gemeinde am Schalter im Stadthaus verkauft.
Im Schnitt wurden bislang pro Tag mehr als fünf Tickets der neuen Spartageskarte Gemeinde am Schalter im Stadthaus verkauft. Bild: ma
Als einzige Stadt im mittleren Glattal hat Wallisellen die neue Spartageskarte Gemeinde eingeführt. Seit Jahresbeginn ist diese im Verkauf. Eine erste Bilanz fällt durchzogen aus: Der Beratungsbedarf ist hoch, auch Warteschlangen gibt es.

Markus Lorbe und Roger Suter

Jahrelang erfreuten sich die Tageskarten Gemeinde bei der Bevölkerung grosser Beliebtheit. Die Stadt Opfikon verfügte pro Tag über acht solcher Tageskarten, welche zum Preis zu je 45 Franken pro Tag abgegeben wurden. Bezugsberechtigt waren Einwohnerinnen und Einwohner der jeweiligen Gemeinde. Zu diesen Tageskarten war kein Halbtax-Abonnement erforderlich. Sie galten in der 2. Klasse für das gesamte Streckennetz der SBB mit ganz wenigen Ausnahmen, für die meisten Schifffahrtslinien und Nahverkehrsmittel sowie vereinzelt auch für Privat- und Bergbahnen.

Seit diesem Jahr ist alles anders. Das Nachfolgeprodukt wurde von der Organisation Alliance Swiss Pass lanciert. Die neue Spartageskarte Gemeinde ist ein schweizweit kontingentiertes Angebot, das exklusiv bei den teilnehmenden Gemeinde- und Stadtverwaltungen erhältlich ist. Alle Gemeinden und Städte greifen auf das gleiche schweizweite, endliche Kontingent zu. Da es aber mehrere Optionen für diese neue Spartageskarte gibt (Halbtax ja oder nein, 1. oder 2. Klasse, Frühbucher-Rabatt), wird die ganze Sache komplizierter und in den meisten Fällen auch teurer.

Viele kritische Stimmen

Hatten bislang praktisch fast alle Städte und Gemeinden die Tageskarte im Angebot, fiel das Echo auf die neuen Spartageskarten bedeutend kritischer aus. Zwar erhalten die Gemeinden und die Städte pro verkaufte Karte eine Verkaufskommission von 5 Prozent, und das bisherige  Risiko, auf einer der Tageskarten sitzen zu bleiben, entfällt, doch das war es dann auch schon mit dem Positiven.

Insbesondere das Verkaufsprozedere wurde bemängelt. Der Beratungsaufwand sei hoch und binde zu viele personelle Ressourcen. Zudem sei auch der Online-Verkauf nicht mehr möglich. Dadurch werde die Laufkundschaft, entgegen der Digitalstrategie vieler Städte und Gemeinden, erhöht und nicht reduziert. Angesichts dessen hatte der Opfiker Stadtrat schon im vergangenen Sommer beschlossen, nicht mehr mitzumachen.

Der Stadtrat von Wallisellen entschied sich anders und führte die Spartageskarte Gemeinde ein. Das Bedürfnis der Bevölkerung hierfür sei ausgewiesen, deshalb werde diese Dienstleistung beibehalten, lautete der Entscheid aus dem Stadthaus. Damit stand und steht Wallisellen allerdings im mittleren Glattal allein auf weiter Flur. Nun ist in Opfikons Nachbarstadt Anfang Jahr der Verkauf der neuen Spartageskarte angelaufen. Die Umstellung auf das neue System habe von Stadtseite aus keine Probleme bereitet, erklärt der Kommunikationsverantwortliche der Stadt Wallisellen, Marcel Amhof, auf Anfrage.Anklang findet das Angebot jedenfalls. «Dadurch, dass wir die einzige Stadt in der Umgebung sind, welche die neuen Karten anbietet, kommen immer wieder positive Kommentare aus der Bevölkerung», führt Amhof weiter aus. Vereinzelt habe es aber auch Reklamationen gegeben, warum andere Städte und Gemeinden die Karten nicht auch anbieten würden.

Erste Erfahrungen

Bis zum 9. Februar sind 219 Billette verkauft worden, das sind also im Schnitt 5,5 Tickets pro Wochentag. «Für den 30. März wurden schon acht Billette verkauft. Es gab aber auch diverse Tage, für welche kein Ticket verkauft wurde», so Amhof. Gemäss den ersten Erfahrungen aus dem Tagesgeschäft werden Tickets der 2. Klasse mit und ohne Halbtax am häufigsten verkauft. Tickets für die 1. Klasse werden sehr selten gebucht. Eine detaillierte statistische Auswertung gebe es (noch) nicht. Seit Anfang Februar wird auch eine Statistik bezüglich Walliseller und auswärtiger Kundschaft geführt. Stand am 9. Februar: 20 Kunden aus Wallisellen, 23 auswärtige Kunden. Feststellbar ist aber auch bereits, dass sich der vorab kritisierte hohe Beratungsaufwand bewahrheitet. «Dadurch, dass wir nur zwei Schalter haben, welche vom Empfang und von der Einwohnerkontrolle benützt werden, kam es schon öfters zu Wartezeiten», bestätigt denn auch Amhof. Die Bearbeitung der Ticketanfragen benötige eine gewisse Zeit, da diese neu personalisiert sind. «Leider kommt es immer wieder vor, dass die Personen unvorbereitet an den Schalter kommen und dann noch vor Ort telefonisch mit den Bekannten abklären, ob sie beispielsweise ein Halbtax hätten und wie der Name genau geschrieben werde.»

Fragen am Schalter

Auch tauchen am Schalter immer wieder Fragen auf wie: «Ist die Karte auch für diese Strecke bzw. diese Bahn gültig?» Die Tickets können ausserdem den Käufern ausgedruckt oder per Mail zugesendet werden. «Auch da wissen viele nicht, was sie wollen, und diskutieren mit uns, was denn nun besser sei», sagt Amhof. «Es gibt auch weitere Fragen, welche von uns nicht beantwortet werden können und bei denen wir sie an den SBB-Schalter ­verweisen müssen.» Nicht alle Personen hätten Verständnis dafür.  «Es kam auch schon vor, dass eine Person ein Halbtax-Abo lösen wollte», so Amhof. Der Aufwand würde sich für die Stadt verringern, wenn die Kunden beispielsweise einen Zettel mit den Angaben der Ticketbezüger (Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Halbtax ja/nein) mitnähmen. Ausserdem wäre es wünschenswert, wenn man im Buchungssystem Karten für mehrere Tage pro Person anwählen könnte. «Im Moment muss für jeden Tag das Formular neu ausgefüllt werden. Immerhin können aber pro Tag mehrere Personen hinzugefügt werde», erklärt der Kommunikationsverantwortliche.

Doch Sache der SBB?

Bleibt die Frage, ob nicht doch eine Digitalisierung (Stichwort Online-Verkauf) des ganzen Prozesses viel sinnvoller wäre. Dazu Amhof: «Wenn die Online-Bestellung und -Bezahlung im jetzigen System möglich wäre, stünden wir vor dem Problem, dass beispielsweise am Freitag, wenn der Kunde die Bestellung ausfüllt und bezahlt, das Ticket 39 Franken kostet, wenn wir die Bestellung aber am Montag bearbeiten, der Preis bereits auf 59 Franken gestiegen ist.» Heisst: Die Differenzgebühr müsste in Rechnung gestellt werden, bzw. der Kunde will dann das Ticket möglicherweise nicht mehr zum höheren Preis, worauf die bezahlten Gebühren zurückerstattet werden müssten. Daraus folgt: Ein Online-Verkauf wäre also nur dann sinnvoll, wenn der Kauf direkt zwischen den Kunden und der SBB erfolgen würde.

Markus Lorbe und Roger Suter/Zürich24